Schell erfahren: Elementare Basics auf dem Foil Teil 1
Mit der richtigen Technik zum Gleitflug auf dem Hydrofoil
Nahezu widerstandslos über das Wasser gleiten, extremste Winkel gegen den Wind einschlagen, schon beim leichtesten Lüftchen gen Horizont jagen und dem Gefühl vom Fliegen ganz nah sein: Foilboarden eröffnet ein vollkommen neues Erlebnisspektrum für Kitesurfer.
Grazil und spielend leicht mutet es an, wenn erfahrene Foilkiter ihre Bahnen ziehen. Die Faszination, schwebend über das Wasser zu gleiten, hat die Kitesurf-szene in ihren Bann gezogen. Innerhalb kürzester Zeit wurden von zahlreichen Herstellern Hydrofoils und Foilboards entwickelt, wodurch mittlerweile ein enorm breites Sortiment zur Verfügung steht. Doch die Wahl des passenden Materials in dieser Angebotsflut stellt etliche Kiter ebenso wie das Erlernen der entsprechenden Fahrtechnik vor eine große Herausforderung. Selbst alte Hasen mussten nach stundenlangem Üben frustriert die Flinte ins Korn werfen. Vom Transport des Sportgeräts über die Handhabung im Wasser, den Wasserstart oder die richtige Boardbelastung, Foilboarden hat, bezogen auf die erforderliche Technik, nur wenig mit dem Kitesurfen auf einem Twintip oder einem Directional zu tun. Koordinatives Umdenken ist bereits gefordert, wenn es um die simple Verdrängungsfahrt mit einem Foilboard geht. Um letztendlich einen halben Meter über der Wasseroberfläche davonzuschweben, bedarf es dann aber auch noch eines äußerst sensiblen Gefühls für die Boardbelastung, die überwiegend auf dem vorderen und nicht, wie beim Twintip gewohnt, auf dem hinteren Fuß liegt. Wer sich ohne jegliche Vorkenntnisse und entsprechende Anleitung auf das Foilboard wagt, erlebt in der Regel einen Ritt wie auf einem wilden Stier, der meist nach wenigen Sekunden im Abwurf endet. Um sich diese Frustration zu ersparen und den Gleitflug auf dem Hydrofoil erfahrbar zu machen, ist eine schrittweise und sichere Lernkurve, sowie eine ganzheitliche und systematische Annäherung notwendig, die wir dir gemeinsam mit dem Foil-Experten und Sportwissenschaftler Thomas Beckmann vom Kiteboarding-Club mit einer ausführlichen Fahrtechnikserie ermöglichen. Beginnend mit der richtigen Handhabung des Boards an Land und im Wasser, der über alles entscheidenden Boardbelastung sowie der entsprechenden Fußpositionierung auf dem Deck und dem Wasserstart, erläutern wir alle wichtigen Tricks und Kniffe, die dich dem Gefühl des Fliegens ganz nah bringen.
Boardtransport
Verglichen mit herkömmlichen Twintips oder Directionals bringt bereits der Transport eines Foilboards durch das höhere Gewicht und die sperrigen Maße einige Tücken mit sich. Um es an Land möglichst kraftsparend von A nach B zu transportieren, empfiehlt es sich, das Board zu schultern (siehe Bild 1). Je nach Foil kann die Kante des Masts auf Dauer etwas an der Schulter schmerzen, wenn ein Neoprenanzug getragen wird, ist dieses Problem aber kaum der Rede wert. Da sich ein Teil des Foils hinter dem Körper und damit außerhalb des Sichtfelds befindet, sollte man beim Transport auf sein Umfeld achten. Durch teils scharfe Kanten können Dritte verletzt oder Gegenstände sowie das Foil selbst beschädigt werden. Nimmt man die zweite Hand zu Hilfe und hält den Flügel mit dieser fest, hat man jedoch ein gutes Gefühl für die Abmessungen.
Sobald der Kite in der Luft ist und das Foil getragen werden muss, empfiehlt es sich, das Board eher unter den Arm zu nehmen, da es sich in der Trageposition auf der Schulter mit den Kiteleinen verheddern kann. Bei dieser Tragevariante sollte der Flügel nach vorn und vom Körper weg zeigen (siehe Bild 2). Auf diese Weise hält man das Board ebenfalls beim Gang durch flaches Wasser. Auf längeren Strecken gestaltet sich diese Trageposition jedoch schnell kraftraubend, weshalb das Board alternativ auch rücklings im Wasser liegend geschoben werden kann (siehe Bild 3). Diese Variante funktioniert aber nur, bis die Wassertiefe Hüfthöhe überschreitet, denn dann ist der Flügel einfach zu hoch, um ihn zu halten und ein seitliches Kippen zu vermeiden.
Da die meisten Foil-Masten eine Länge zwischen 80 und 110 Zentimetern haben, sollten die ersten Fahrversuche wirklich nur dort unternommen werden, wo das Wasser nicht mehr stehtief ist. Um die Distanz von hüfttiefem Wasser bis außerhalb des Stehbereichs zu bewältigen, wechselt man im Optimalfall in den kontrollierten Bodydrag, bei dem das Board 90 Grad gekippt wird. Dabei greift eine Hand das Board an der Kante, ungefähr auf Höhe der Foil-Aufnahme. Der auf dem Deck aufgelegte Unterarm hilft den Hebel zu entwickeln, der das Kippen des Boards und die Stabilisierung dieser Position während des Body-drags ermöglicht (siehe Bild 4). Wird das Board während des Bodydrags zu weit hinten gegriffen, neigt es dazu, sich vor dem Piloten querzustellen. Greift man zu weit vorne, kann es passieren, dass sich das Board vom Fahrer wegdreht. Wird der Zug an der Boardkante auch dabei aufrecht gehalten, dreht es sich auf den Rücken, woraufhin der Flügel im schlimmsten Fall auf den Fahrer kippt. Deshalb gilt beim Bodydrag mit Foilboard: Kontrolle vor Geschwindigkeit.
Fußpositionen
Wenn über Foilkiten gesprochen wird, steht meist die schwierige Boardkontrolle im Fokus der Diskussionen, weshalb wir dieses wichtige Thema intensiver beleuchten. Um ein Foilboard wirklich zu beherrschen, müssen zwei Achsen kontrolliert werden: die Längs- und die Querachse des Boards.
Die Querachse
Sie stellt bezogen auf die Boardkontrolle den Aspekt dar, welcher bei falscher Handhabung sofort spürbar wird. Die Kontrolle der Querachse entscheidet darüber, ob das Board nach unten, also mit der Brettspitze Richtung Wasser, oder nach oben, mit der Brettspitze vom Wasser weg, gesteuert wird. Das Ziel eines jeden Foilkiters besteht darin, das Board auf einem mittleren Niveau stabil zu halten und weder nach oben noch nach unten zu steuern. Das Prinzip ähnelt dem einer Wippe. Lastet auf beiden Seiten exakt dasselbe Gewicht, befindet sich die Wippe in der Waage (beide Enden schweben auf gleicher Höhe). Die Auflage der Wippe ist gleichzusetzen mit dem Balancepunkt des Foils (siehe Grafik). Belastet der Kiter also den hinteren Fuß, steigt die Brettspitze nach oben, belastet er hingegen den vorderen Fuß, neigt sich die Brettspitze Richtung Wasseroberfläche. In der normalen Verdrängungsfahrt sorgt die Belastung des vorderen Fußes auch dafür, dass das Board auf der Wasseroberfläche bleibt und nicht nach oben steigt.
Die Längsachse
Wer schon mal versucht hat, auf einem schwimmenden Baumstamm zu balancieren, wird dieses Phänomen kennen: Steht man zu weit auf den Fersen, rollt der Baumstamm nach hinten weg, steht man zu weit auf den Fußspitzen, rollt er nach vorn. Das Foilboard verhält sich bei entsprechender Belastung vergleichbar. Die Position der Füße während der Startphase entscheidet im Grunde bereits über Erfolg und Misserfolg. Dabei ist der vordere Fuß von geringerer Bedeutung, da seine Position an die der Fußschlaufe gebunden ist und wenig variieren kann. Dem hinteren Fuß kommt jedoch eine zentrale Bedeutung zu. Steht er in der Startphase bereits zu weit auf der Luvkante, rollt das Board beim Aufstieg unter dem Fahrer weg, was zu einem Sturz auf den nach oben kommenden Flügel führen kann. Steht er dagegen zu weit auf der Leekante, dreht das Board im Moment des Aufstiegs nach vorn weg, was eine schmerzhafte Überstreckung für den in der Schlaufe befindlichen Fuß bedeutet.
Im Gegensatz zu diesen häufig unerkannt bleibenden Fehlbelastungen der Längsachse, sind Fehlbelastungen der Querachse offensichtlicher zu spüren und mit den entsprechenden Effekten leichter in Verbindung zu bringen. Steht der hintere Fuß beim Start zu weit hinten auf dem Board, kommt es zu dem am häufigsten zu beobachtenden Fehler, nämlich dem rückseitigen Abwurf des Fahrers. Eine zu starke Belastung des vorderen Fußes beim Start ist dagegen selten zu sehen und im Grunde sogar erwünscht. Die kontrollierte Fahrt auf dem Wasser ist nur mit verstärkter Belastung des vorderen Fußes möglich, was die erforderliche Technik beim Foilboarden entscheidend von der beim Kiten auf einem Twintip unterscheidet.
Wasserstart
Die meisten Kitesurfer, die heute mit dem Foilen beginnen, können sich an ihre ersten Fahrversuche auf dem Twintip kaum noch erinnern. Das ist in diesem Falle auch gut so, denn es bedeutet, dass sie weit zurückliegen. Eine sehr gute Schirmkontrolle, die sich in den Jahren auf dem Twintip eingestellt haben sollte, ist zwingend notwendig, um das Foilkiten zu erlernen. Die Handhabung eines Foils hat so gut wie nichts mit den bekannten Bewegungsabläufen auf einem Twintip zu tun. Das Starten und Fahren auf dem Foilboard ist im Grunde eine neue Sportart, weshalb die notwendige Boardkontrolle von der Pike auf erlernt werden muss. Was zunächst ernüchternd klingt, kann bei entsprechendem Erfolg schnell in Begeisterung ausufern. Schon die normale Geradeausfahrt stellt einen Suchtfaktor dar, dem sich kaum jemand wieder entziehen kann, nachdem es einmal geklappt hat. Schon beim Wasserstart gibt es allerdings einige Aspekte zu beachten, die vollkommen neu sind. Um den vorderen Fuß in die Schlaufe zu bekommen und den hinteren an die richtige Position bringen zu können, muss das Board im Wasser liegend um 90 Grad aufgekantet werden.
Den erhöhten Widerstand, den der Mast und die beiden Flügel des Foils erzeugen, überwindet man am besten, indem die hintere Hand die Leekante des Boards greift und der Unterarm auf dem Deck platziert wird. Dabei sollte das Board neben dem Fahrer liegen (mit der Boardspitze nach Lee), um im Falle von unerwartet auftretendem Kitezug nicht über das Board gezogen zu werden. Dieser Ablauf fällt leichter, wenn der Kite nicht im Zenit, sondern auf der Elf-Uhr- (rechter Fuß vorn) beziehungsweise Ein-Uhr-Position (linker Fuß vorn) gehalten wird. Sobald der vordere Fuß in der Schlaufe steckt, wird das Board durch Druck mit der hinteren Hand und gleichzeitigem Heranziehen des vorderen Fußes in die quer zu den Leinen verlaufende Ausgangsposition gebracht.
Simultan sollte der hintere Fuß knapp hinter dem Balancepunkt mittig auf der Längsachse des Boards platziert werden. Bei einem Foilboard mit zwei Frontschlaufen befindet sich die Position für den hinteren Fuß etwas mehr zur Leekante versetzt (siehe Grafik oben). Die nun folgende Ein- und Auslenkbewegung an der Bar ist von zentraler Bedeutung und sollte möglichst energisch ausfallen. So wird sichergestellt, dass der Kite die zum Aufstieg nötige Sinuskurve in der oberen Hälfte des Windfensters vollzieht, was einen intensiven Zug nach oben freisetzt.
Dieser trägt zugleich zur Vermeidung des häufigsten Fehlers bei der Aufstehbewegung bei, den zu intensiven Kantendruck über den hinteren Fuß.Von der Kraft des Kites nach oben gezogen, folgt eine aktive Aufstehbewegung über den vorderen Fuß auf das Board. Es richtet sich dadurch fast automatisch nahezu plan auf einen leichten Downwindkurs aus. Ab jetzt gilt: Die Belastung konzentriert auf dem vorderen Fuß halten! Nach oben kommt das Board im Grunde von ganz allein, wenn die Belastung über den vorderen Fuß nur minimal reduziert wird. Aber zu diesem Aspekt sowie der Boardkontrolle in der fliegenden Fahrt dann im zweiten Teil mehr.