Liquid Force Envy 2012

Liquid Force hat mit dem Envy der ersten Generation Maßstäbe gesetzt. Er war der erste High-Performance-Freerider, der mit nur drei Querstruts auskam. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden lediglich Schulungskites mit einem Drei-Strut-Gerüst ausgestattet. Der Erfolg gibt den US-Amerikanern recht, denn mittlerweile ist das Drei-Strut-Design in der gesamten Branche angesagter denn je. Ein Grund für Liquid Force, an dem Erfolgsrezept festzuhalten.

Auch 2012 kommt der agile Allrounder Envy mit drei Struts auf den Markt. Mit leichter Pfeilung der Fronttube gehört er laut Hersteller in die Kategorie der Delta-Hybrid-Kites, wobei seine äußerst sportlichen Leistungen sogar die Zuordnung in die Gruppe der Hybrid-C-Shapes zulassen würde. Beim Aufbaukomfort knüpft Liquid Force an die in der aktuellen Saison erstmals präsentierte Innovation des Max-Flow-Inflation-Systems an. Dabei handelt es sich um ein Einlassventil an der Fronttube, das durch einen außergewöhnlich hohen Durchmesser den Aufwand beim Pumpen deutlich reduziert. Durch den geringeren Widerstand wird der Kite nicht nur sehr viel schneller, sondern auch mit spürbar weniger Kraftaufwand mit Luft befüllt. Das One-Pump-System funktioniert ebenfalls einwandfrei und setzt sozusagen das i-Tüpfelchen.

Nachdem die Pumpe im letzten Jahr noch mit einem sehr niedrigen Hubraum ausgestattet war, kommt sie 2012 mit neuer Größe in den Handel. So werden auch hoch gewachsene Kiter nicht mehr über Rückenschmerzen beim Pumpen klagen. Am Himmel zeigt sich der Trendsetter gewohnt agil. Mit engen Drehradien und ordentlicher Fluggeschwindigkeit kommt sofort Lust auf, den Envy extrem schnell durch das Windfenster zu jagen. Genau wie sein Vorgänger überzeugt er in jeder Situation durch einen stabilen Stand und eine optimale Dämpfung von Böen, die an der Bar kaum wahrgenommen wird. Trotz der geringen Pfeilung der Fronttube ist es Liquid Force erneut gelungen, durch ein ausgeklügeltes Waagesystem eine exzellente Depower umzusetzen. Bei absolut linearem Depowerverhalten ist in keinem Moment ein On/Off-Gefühl zu befürchten. Mit kontrollierter Veränderung des Anstellwinkels zum Wind lässt sich das Powermanagement einfach kinderleicht vornehmen. Das Bargefühl ist äußerst knackig und der Schirm folgt den Lenkimpulsen unmittelbar. Die Steuerkräfte liegen im unteren bis mittleren Bereich und lassen sich an den Tips auf die entsprechenden Vorlieben einstellen.

Der Wasserstart erfolgt genauso unkompliziert über das Ziehen einer Steuerleine, wie wir es bereits aus den letzten Jahren gewohnt waren. Bei diesem Vorgang kommen dem Kite seine abgerundeten Tips zugute, die das Kippen auf der Wasseroberfläche deutlich vereinfachen. Der Envy besitzt ein gutes Sprungpotenzial, setzt die volle Leistung von Lift und Hangtime allerdings erst ab dem mittleren Windbereich frei. Der Absprung mit Schirmunterstützung lässt sich trotz hoher Fluggeschwindigkeit absolut einfach finden. Dafür ist die sehr gute Rückmeldung des Kites über den Stand im Windfenster verantwortlich. Ist der Envy erst mal richtig in Fahrt, lässt sich ihm ein explosiver Lift entlocken, der in ansehnliche Höhe trägt. Die Hangtime liegt im Mittelfeld.

Im Unterschied zu den anderen drei Allroundern in diesem Test zeigt der Envy die größte Eignung für ausgehakte Tricks. Durchweg leicht zu kontrollieren, beeindruckt er mit satter Power, während er sich nach dem Aushaken bewusst tiefer im Windfenster positioniert. Bei der Landung zeichnet er sich durch einen in dieser Kitegruppe fast schon außergewöhnlich guten Zugkraftabbau aus, der auch den schnellsten Rückkehrern auf die Wasseroberfläche gute Kontrolle ermöglicht. Durch die engen und schnell durchflogenen Drehradien eignet er sich perfekt zum Erlernen von ausgehakten Kiteloops. Dabei geht er anfangs knackig zu Werke, zeigt sich nach dem Take-off dann aber sofort wieder von seiner zahmen Seite.

Fazit: Ganz getreu dem Motto „Never change a running system“ liegen die Flugeigenschaften des 2012er-Modells sehr nah an denen des Vorgängers. Ausgewogen, sportlich und absolut ausgereift sind die passenden Attribute, um den Envy kurz und knapp zu beschreiben. Im direkten Vergleich mit seinen hier getesteten Konkurrenten bietet er eine ebenso hohe Vielseitigkeit, eben nur mit einer deutlicheren Auslegung für sportlich ambitionierte Kiter. Durch die einfache Kontrolle und den guten Komfort können aber auch Einsteiger fraglos zum Envy greifen.