Arbeiten, wo andere Urlaub machen

Kitesurflehrer zu sein, das Hobby zum Beruf zu machen, gilt für viele Kiter als absoluter Traum. Was jedoch nur wenige wissen: Die Chancen stehen gut, den Traum wahr werden zu lassen, denn jeder dritte Kiter erfüllt die Anforderungen.

Credit_Laci Kobulsky/ carribeankitecruise.com

Ewiger Sonnenschein, Salz auf der Haut und stets eine steife Brise. Was die meisten Kitesurfer lediglich in den Wochen ihres Urlaubs erleben dürfen, gilt für Kitesurflehrer als tägliche Routine. Ihr Büro ist der Strand, das Meer ihr Schreibtisch und häufig sind exotische Länder zumindest temporär ihr Zuhause. Das Hobby zum Beruf zu machen ist laut Dirk Muschenich vom VDWS für Kitesurfer heute leichter als je zuvor, denn auf ein großes Stellenangebot kommen viel zu wenige Bewerber. Wir haben beim Fachmann nachgefragt, was man für den Job als Kitesurflehrer mitbringen muss und wie man es am besten angehen sollte.

 

Der VDWS gilt als wichtigste Instanz, wenn es um die Ausbildung von Wassersportlehrern geht. Wie viele neue Kitesurflehrer bringt ihr pro Jahr hervor?

Jedes Jahr werden beim VDWS rund 230 neue Kitesurflehrer und -lehrerinnen ausgebildet. Diese Ausbildungen finden in Deutschland und an internationalen Kitespots statt. Da sich das Praxisfeld später häufig vielsprachig präsentiert, bieten wir auch schon unsere Kurse in mehreren Ausbildungssprachen an: Deutsch, Englisch, Italienisch und Holländisch stehen zur Wahl.

Wenn es nach euch ginge, dürften es durchaus mehr Absolventen sein. Woran scheitert es?

Der Wassersportservicebereich, also alles, was in einer Wassersportstation angeboten wird, boomt seit vielen Jahren. Es gibt immer mehr professionelle Wassersportcenter, die natürlich personell bestückt werden wollen. Obwohl die Zahl der Kitesurf-Instructor beim VDWS Jahr für Jahr zunimmt, ist der Bedarf größer als das Personalangebot. Man kann also sagen, dass es aktuell eine Jobgarantie für professionelle Wassersportlehrer gibt! Um einen Unterbau zu schaffen und Nachwuchsarbeit zu leisten, führt der VDWS zusammen mit seinen Mitgliedsschulen seit einigen Jahren potenzielle neue Mitarbeiter in Form von Wassersportassistenten in einer Art Vorstufe der Instructor-Ausbildung an den Beruf des Wassersportlehrers heran. Natürlich geht es bei uns um ein sehr reizvolles Arbeitsumfeld, trotzdem meine ich, dass wir alle – der Verband, die Hersteller, der Handel, die Reiseveranstalter und die Magazine – etwas tun müssen, um die Jobs unserer Branche attraktiv, perspektivisch und gesellschaftlich anerkannt zu positionieren.

Was muss ich als Interessent mitbringen, um die Ausbildung als Kitesurflehrer antreten zu dürfen?

Rein praktisch gesehen, muss VDWS-Level 6 beherrscht werden. Das bedeutet: Springen, Höhelaufen und Wenden. In Sachen Grundmotivation sollte ein zukünftiger Instructor Spaß daran haben, mit Menschen zu arbeiten und sein Know-how in Sachen Technik, Sicherheit und Material auf eine seriöse Art und Weise vermitteln können.

Wo findet die Ausbildung dann statt und aus welchen Elementen setzt sie sich zusammen?

Unter www.vdws.de sind alle Termine verzeichnet. Neben den Veranstaltungsorten an Nord- und Ostsee finden Ausbildungen in Dänemark, Holland, Italien, Spanien, Ägypten und auf den Malediven statt. Vornehmliches Ziel ist es, das Unterrichten, das Vermitteln, die Unterrichtsorganisation und die methodischen Möglichkeiten und Optionen kennenzulernen, auszuprobieren und unter Anleitung unseres Lehrteams mit echten Schülern durchzuführen. Feste Instanzen der Ausbildung sind außerdem eine fahrpraktische und eine theoretische Prüfung sowie eine Lehrprobe – also ein echter Unterricht unter realen Bedingungen. Neben der eigentlichen Ausbildung und den beschriebenen Prüfungen wird die VDWS-Ausbildung durch ein 100-stündiges Praktikum in einer praktikumsberechtigten VDWS-Schule abgeschlossen.

Welche Kosten sind für einen Interessenten mit der Ausbildung verbunden?

Die Kosten für den VDWS-Ausbildungslehrgang liegen bei 695 Euro. Je nach Lehrgangsdestination kommen An- und Abreise- sowie Verpflegungs- und Unterbringungskosten dazu. Während des beschriebenen Praktikums kann davon ausgegangen werden, dass man als zukünftiger Instructor bereits ein kleines Honorar erhält.

Darf ich als fertiger VDWS-Kitesurf-Instructor dann auf der ganzen Welt arbeiten?

Grundsätzlich schon, denn in den allermeisten Ländern, in denen man gut Kitesurfen kann, ist die VDWS-Instructor-Ausbildung anerkannt und ausgesprochen gern gesehen. In einigen wenigen Fällen gibt es aber, je nach Gastland, ergänzende Voraussetzungen. So wird aktuell in Italien und Spanien eine eigene Verbandsausbildung gefordert. Diese Maßnahmen werden allerdings seitens des VDWS als zuständiger und internationaler Ausbildungs- und Berufsverband kritisch und juristisch vor der EU geprüft, da sie unseres Erachtens nicht den EU-Richtlinien der Berufsfreiheit innerhalb der Europäischen Union entsprechen.

Jobgarantie hört sich im Grunde ja ziemlich gut an. Aber Hand aufs Herz, handelt es sich bei den freien Stellen nur um die Schulen an deutschen Küsten oder sind auch exotische Leckerbissen dabei?

Eine klare Trennung zwischen Hotshots und Ladenhüter gibt es hier eigentlich nicht. Klar ist es reizvoll, in der Dauerwärme zu arbeiten. Das birgt aber auch etliche Nachteile. Die heimischen Reviere bieten zum Beispiel eher die Chance, die Verbindung zu Familie und Freundeskreis auch während der Arbeit als Wassersportlehrer zu pflegen sowie die persönliche Aus- und Weiterbildung parallel voranzutreiben. Mein persönlicher Eindruck ist, dass alles seine Zeit hat und am Ende des Tages die Waage zwischen Exotik- und Homespot recht ausgeglichen ausfällt.