Flysurfer Cronix

Flysurfer-CronixDIE FAKTEN
Das hat wirklich niemand erwartet. Der Softkitespezialist Flysurfer überraschte die Welt des Kitesurfens vor wenigen Wochen mit der Präsentation eines Tubekites. Fest steht, dass die zwei Jahre Entwicklungszeit ein Produkt hervorgebracht haben, das sich von allen bekannten Tubekites durch etliche Details unterscheidet. Ins Auge sticht sofort die breite Waage an der Abströmkante, die es ermöglicht, das Profil des Cronix auch im Flug zu variieren. Diese Option gab es bisher nur bei Softkites, sie soll dem Newcomer, ähnlich dem Prinzip eines Flugzeugflügels beim Startvorgang, zusätzlichen Lift, aber auch ein starkes Lowend verschaffen. Um das Einziehen der Hinterkante überhaupt zu ermöglichen, enden die Querstruts deutlich vor der Abströmkante und das letzte Stück ist mit Segellatten ausgesteift. Innovativ und vorher ebenfalls noch nie so zu sehen gewesen ist der sogenannte Self-Launcher. Mithilfe eines Splintsystems und eines mitgelieferten Sandsacks kann der Kite dank dieser ausgeklügelten Idee auch allein gestartet werden.

AUF DEM WASSER
Erinnert der Cronix optisch eher an einen Open-C-Shape, zeigt er im unteren Windbereich eine klare Verwandtschaft zu seinen Softkitekollegen. Mit angekrallter Abströmkante entwickelt er schon bei wenig Wind guten Vortrieb und kann früh gestellt geflogen werden. Unterstützt durch die Waage an der Fronttube ist der mögliche Depowerwinkel sehr effektiv, was ihm insgesamt zu einem großen Windbereich verhilft. Parallelen sind zudem bei der Steuerung des Kites zu erkennen, die besonders für eingefleischte Flysurfer-Fans nur eine geringe Umstellung erfordert. An der Bar fühlt sich der Cronix an, als wäre eine Servolenkung eingebaut, trotzdem muss weder auf Direktheit noch Geschwindigkeit verzichtet werden. Mit mittlerer bis hoher Fluggeschwindigkeit zieht der Kite in fast schon enge Turns und liefert dabei eine harmonische Kraftentfaltung. Das Flattern des Tuches im Bereich der Tips bei engem Radius ist weder an der Bar noch bei der Kraftabgabe zu spüren. Ab dem mittleren Windbereich steht dann ein explosiver und leistungsstarker Lift zur Verfügung, der in eine für diese Kiteform grandiose Hangtime mündet. Hier kommt der Einfluss der Hinterkantenwaage intensiv zum Tragen. Wer ausgehakte Manöver springt, kann sich das Profil vor der Session etwas flacher trimmen. So fällt der Zugkraftabbau nach explosivem Pop deutlich besser aus und macht auch technisch anspruchsvolle Manöver einfach. Beim Wasserstart hat Flysurfer es ebenfalls geschafft, alle Vorteile der Softkites zu nutzen. Während der normale Wasserstart simpel über den Zug an einer Steuerleine erfolgt, kann der Cronix leichter als jeder andere Tubekite zusätzlich rückwärts gestartet werden, was besonders bei Leichtwind eine geniale Alternative darstellt.

Flysurfer-Cronix-Detail

Revolution und Innovation, diese Attribute hat sich Flysurfer auf die Fahne geschrieben. Die Präsentation eines Tubekites mit Stummelstruts und einer Waage an der Abströmkante hat allerdings niemand erwartet. Mit einem Paukenschlag versetzt der Cronix die Welt des Kitesurfens in Wallung.

Einige treue Fans der Marke Flysurfer konnten es zunächst kaum glauben, als die Marquartsteiner Crew um Armin Harich Mitte dieser Saison plötzlich und vollkommen unerwartet einen Tubekite auf den Markt brachte. Der langjährige Softkitespezialist und unangefochtene Marktführer in diesem Segment verlässt damit einen Pfad, der bisher mit felsenfester Überzeugung strikt verfolgt wurde. „Open-minded“ ist das neue Schlagwort der Entwicklungsabteilung und befördert Flysurfer mitten in den stark umkämpften Markt der Tubekiteanbieter. Hier gilt es nun, sich zu beweisen, und natürlich auch, sich von der breiten Masse abzuheben. Genau das ist den Jungs von Flysurfer durch ihre hoch technischen Produkte bisher immer bestens gelungen, was zu einer eingeschworenen Fangemeinde geführt hat.

Besonders im Leichtwindbereich gilt Flysurfer fast schon als Religion und nicht nur als Name eines Kite- und Boardherstellers. Umso gewagter scheint die Entscheidung, aus einer klaren Argumentationslinie für das System der Softkites in eine duale Strategie überzugehen. Wir haben mit Ernst Novak von Flysurfer über den neuen Cronix, seine revolutionären technischen Merkmale und die neue Marschrichtung der Marke gesprochen. Revolution und Innovation, diese Attribute hat sich Flysurfer auf die Fahne geschrieben. Die Präsentation eines Tubekites mit Stummelstruts und einer Waage an der Abströmkante hat allerdings niemand erwartet.

cronix detail
1 | Zahlreiche Verstellmöglichkeiten am Tip des Cronix spiegeln den gewollt technischen Charakter des Kites wider. 2 | Das neu entwickelte Ventil sorgt für geringen Widerstand beim Pumpen und funktioniert auch bei niedrigen Temperaturen im Schnee hervorragend. Der notwendige Adapter befindet sich sowohl an der Pumpe als auch am Kite, falls die eigene Pumpe mal nicht zur Verfügung steht. Um den Kite zudem mit einem Kompressor oder ohne passenden Aufsatz aufpumpen zu können, befindet sich ein zusätzliches, herkömmliches Einlassventil auf der Fronttube. Die eigens für den Cronix entwickelte Pumpe schaltet ab einem gewissen Fülldruck im Kite auf Single-Hub um.

Nach etlichen Jahren der Fokussierung auf Softkites kommt in dieser Saison überraschend ein Tubekite von Flysurfer. Sind wir Zeuge einer Glaubensabkehr?
Nein, keinesfalls. Wir haben in den letzten sechs, sieben Jahren neben der Weiterentwicklung unserer Softkitesysteme immer wieder experimentiert mit Tubekites oder auch Hybriden zwischen Tube- und Softkites. Einfach um zu sehen, ob solche Technologien Zukunft haben oder ob man womöglich auch ganz neue Märkte erschließen kann. Aus unserer Sicht sollte man immer offen dafür sein, neue Wege einzuschlagen.

Aber warum nun ausgerechnet ein Tubekite?
Softkitesysteme haben klare Vorteile, wie zum Beispiel die vielseitigen Trimmvarianten, das Leichtwindpotenzial oder die Selbststartoption. Aber natürlich haben sie auch ihre Nachteile und stoßen in gewissen Bereichen an ihre Grenzen. Im Starkwindbereich haben wir beispielsweise nicht viele Kunden, die einen Softkite fl iegen wollen. Ab Windstärken von 25 Knoten aufwärts stellen wir immer wieder fest, dass eher zu Tubekites gegriffen wird. Uns ist es aber wichtig, unseren Kunden für alle Bedingungen das optimale Material anbieten zu können und sie nicht zur Konkurrenz schicken zu müssen, obwohl sie grundsätzlich gern ein Flysurfer-Produkt haben wollen.

Besteht dabei nicht auch die Gefahr, dass ihr Kunden, die sich intensiv mit dem Image der Softkites identifi zieren, verprellt?
Diese Gefahr haben wir auf jeden Fall mit in unsere Entscheidung einbezogen. Im Team wurde viel diskutiert und am Ende war es wirklich eine knappe Entscheidung. Aber schlussendlich sind wir an dem Punkt angekommen, dass wir einfach offen für Neues sein müssen. Bei Starkwind oder in der Welle fahren wir auch gern mal Tubekites, da Softkites in diesen Bereichen einfach limitiert sind. So haben die Argumente für den Tubekite Cronix am Ende überwogen. Wichtig war uns allerdings, die technische Produktphilosophie der Marke Flysurfer auch auf diesen Kite zu übertragen. Während andere Hersteller eher den Weg der Vereinfachung gehen, wie man es zum Beispiel an der aktuell geführten One- oder No-Strut-Kite-Diskussion sieht, haben wir bewusst auf ein Produkt mit vielen technischen Details gesetzt, die dem Kunden auch tatsächliche Vorteile bringen.

Besitzen technisch anspruchsvolle Details bei euren Kunden einen so hohen Stellenwert?
Da bin ich mir zu 100 Prozent sicher. Genau diese Erkenntnis hat sich auch intensiv auf die Entwicklung des Cronix ausgewirkt. Ein überzeugter Flysurfer-Fan, der vielleicht einen 21er-, einen 15er- und einen Zwölfer-Kite von uns fährt, kaufte sich bisher für Starkwind häufig seinen Achter oder Zehner bei einem Tubekitehersteller. Mit der Entwicklung des Cronix bieten wir jetzt genau diesen Kunden auch die Möglichkeit, sich ihre Starkwindkites
von der technischen Marke zu kaufen, die sie eigentlich gern fahren.

Was sind die wichtigsten technischen Details, die den Cronix von anderen Tubekites unterscheiden?
Wir bringen mit dem Cronix den ersten Tubekite auf den Markt, der eine Waage an der Abströmkante besitzt, was gleichzeitig eine Parallele zu unseren Softkitemodellen darstellt. Der sogenannte Self-Launcher ist ein weiteres technisches Detail, das es so vorher noch nie gegeben hat. Er bietet die Möglichkeit, den Kite auch ohne Starthelfer sicher zu starten. Selbst wenn nur fünf Prozent der Kunden diese Option nutzen werden, haben wir auf dem World Cup und auch schon zuvor enorm viel positives Feedback zu dieser Lösung bekommen.

Das von uns eigens für den Cronix entwickelte Ventil unterscheidet den Kite ebenfalls von herkömmlichen Modellen. Es funktioniert auch bei niedrigen Temperaturen sehr gut, was für uns wichtig ist, weil ein großer Teil unserer Kunden nicht nur auf Wasser, sondern auch auf Schnee kiten geht. Der Widerstand beim Pumpen ist mit diesem Ventil äußerst gering und in Kombination mit unserer neuen Pumpe wird der Aufbau des Kites so komfortabel wie nie zuvor bei einem Tubekite.

Was ist an der Pumpe so besonders?
Grundsätzlich funktioniert sie wie eine leichtgängige Doppelhubpumpe. Wenn allerdings ein gewisser Fülldruck im Kite erreicht ist, erkennt sie den erhöhten Widerstand und schaltet selbsttätig den Pumpvorgang bei der Aufwärtsbewegung ab, pumpt also nur noch bei der Abwärtsbewegung. Das ist nicht nur rückenschonend, sondern ermöglicht auch weniger kräftigen Kitern, den benötigten Fülldruck leicht zu erzeugen.

Der Self-Launcher ist eine innovative Idee, aber empfehlt ihr die Verwendung tatsächlich bei allen Bedingungen und jedem Kiter, egal welcher Könnensstufe?
Unsere Empfehlung, so steht es auch im Manual, bezieht sich eher auf den unteren bis mittleren Windbereich und es ist eindeutig keine Aufforderung, den Kite immer allein zu starten. Sofern ein Starthelfer da ist, sollte der Kite natürlich mit Helfer gestartet werden. Vielmehr ging es uns darum, für die Situation ohne Starthelfer eine bessere Option anzubieten, als das Tip umzuklappen und mit Sand zu beschweren.

Die Verwendung einer Waage an der Abströmkante und die kurzen Struts sind sicherlich die auffälligsten Unterscheidungsmerkmale am Cronix. Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Wir haben drei ausgebildete Aerodynamik-Ingenieure im Team, die natürlich auch quer denken und sich gegenseitig inspirieren, was die Ideenfindungen angeht. In diesem Team entstand die Idee mit der Hinterkantenwaage, die aus dem Gleitschirmbereich kommt, wo sie schon lange Anwendung fi ndet. Da unser Kitedesigner Andi Hanrieder viel Erfahrung im Flugzeugbau hat, lag die Umsetzung dieser Idee für einen Tubekite natürlich nahe. Er hatte die Vorstellung, erstmals einen Tubekite zu bauen, der sein Profi l im Flug wölben kann, ähnlich einem Flugzeugfl ügel beim Startvorgang. Und genau das ist ihm schlussendlich auch gelungen.

Wie genau funktioniert die Waage und welchen Effekt hat sie?
Bei der Waage geht es darum, das Profi l des Kites im Flug zusätzlich anpassen zu können und dadurch mehr Auftrieb zum Beispiel in Form von Lift oder bei Leichtwind in Form von Zugkraft zu generieren. Bei unseren Softkites ist das ja schon hinlänglich bekannt, aber bei Tubekites gab es diese Möglichkeit bisher noch nicht. Als Effekt wird der Windbereich des Kites vergrößert und steigt pauschal gesagt ungefähr um drei Knoten an. Freestyler können aber ihr Profi l auch fl acher einstellen, wenn sie den zusätzlichen Auftrieb nicht wünschen. So steht beim Cronix nicht nur die Möglichkeit der Zugkraftvariation durch An- und Depowern über die Bar zur Verfügung, sondern mit der Waage sozusagen noch eine zusätzliche Stufe. Damit das Einziehen der Hinterkante möglich ist, wurden die Struts etwas eingekürzt. Sie laufen also nicht ganz bis zur Abströmkante. Der letzte Teil des Profils wird mit kleinen Latten versteift.

Welche technischen Überraschungen können wir als Nächstes von Flysurfer erwarten?
Für den Cronix gilt wie für unsere Softkites, dass wir auf längere Produktzyklen setzen. So wird er mindestens zwei Jahre laufen, bevor es einen Nachfolger geben wird. Vielleicht bringen wir aber auch noch einen weiteren Tubekite, der eine bestimmte Nische ausfüllt. Aus unserer Sicht sind Innovationen nur möglich, wenn man bestehende Denkweisen aufbricht und mit dem vorhandenen Wissen noch mal ganz von vorn anfängt.